Die Kinderdiabetes gehört zu den weltweit am schnellsten wachsenden Krankheiten. Die Erkrankung gilt als „neues Phänomen“, das Ernährungswissenschaftler, Ärzte, Pharmakologen und Gesundheitspolitiker vor große Herausforderungen stellt, weil nämlich die Krankheit sich immer mehr zu einer Epidemie entwickelt.
Diabetes Typ 1 bei Kindern
Die heute 19-jährige Karin studiert Psychologie und interessiert sich besonders für die Zukkerkrankheit. Kein Wunder, ist sie schon seit fast zehn Jahren an Diabetes erkrankt. Besser sollte es heißen, damals wurde die Kankheit diagnostiziert. Sie war wohl schon früher daran erkrankt. Die Ursachen sind bis heute ungeklärt, die Folgen aber sichtbar. Früher musste Karin Insulin spritzen und sehr genau darauf achten, was sie zu sich nahm. Heute ist es mit der modernen Insulinpumpe leichter geworden und sie kann ihr Leben mehr oder weniger normal bewältigen. Sie weiß aber auch, dass sich daran nichts ändern wird – Diabetes Typ 1 gilt als unheilbar. Immer mehr Kinder erkranken daran – die Ursachen sind unklar. Wird die Krankheit nich rechtzeitig erkannt, kann es zu schweren Komplikationen kommen. „Die Diagnose wird oft viel zu spät erstellt“, meint die Ärztin für Kinder- und Jugendheilkunde Dr. Birgit Rami in einer APA-Aussendung. Die Folgen können lebensbedrohend werden. Sollten Symptome wie übermäßiger Durst, Harndrang, Müdigkeit und Gewichtsverlust nicht rechtzeitig richtig gedeutet werden, droht die Gefahr einer schweren Stoffwechselentgleisung. Die Folgen können bis zu Hinödemen, Thrombosen, Nieren- oder Lungenversagen führen.
Altersdiabetes bei Kindern
Das klingt absurd, ist aber ein Faktum. Immer mehr Kinder erkranken an der als Altersdiabetes bekannten Typ-2-Diabetes. Hier sind die Risikofaktoren bekannt. Falsche Ernährung, Bewegungsmangel und vor allem Übergewicht gelten als die Ursachen für Diabetes Typ 2.
Gene oder Lebensumstände?
Wissenschaftler haben mittels Zuwanderer versucht festzustellen, wo die Ursache für die Kinder- und Jugenddiabetes liegen. In Italien gibt es eine relativ niedrige Krankheitsrate. Nun stefanden die Forscher heraus, dass Italiener, wenn sie nach Deutschland einwandern, den niedrigen Level halten. Das spricht gemäß den Wissenschaftlern eindeutig für eine genetische Ursache. Kritiker sehen das nicht so, weil gerade Migranten in der Regel die Lebensweise ihrer Eltern fortsetzen und zum Beispiel anstatt Fastfood lieber Nudeln essen. Gerade die Italiener sind diesbezüglich ein schlechtes Beispiel für die genetische Theorie, weil sich dort Fastfood-Ketten überhaupt nicht durchgesetzt haben. Nun sind genetische Faktoren aber ohnehin etwas, was sich entwickelt hat – die Evolution hat es ja bewiesen, dass wir uns gut anpassen können. Wenn also Eltern nur Fastfood essen, dann werden sie dieses Verhalten ihren Kindern weitergeben und diese wieder ihren Kindern und schon haben wir eine genetische Disposition, die ihre Ursache in einer falschen Vorbildwirkung hat. So sehen viele Ernährungsexperten die Diabetesepidemie eindeutig in Verbindung mit dem geänderten Ernährungverhalten. „Früher tranken wir Wasser oder mit Wasser verdünnten Fruchsirup, heute trinken die Kinder Soft-Drinks in denen 40 Stück Würfelzucker enthalten sind“, meint Elke Basel, die sich als Gesundheitspsychologin mit den Folgen von falscher und ungesunder Ernährung beschäftigt.
Schulung und Aufklärung
Der Kinderdiabetes-Spezialist Univ.Prof. Dr. Martin Borkenstein veranstaltet schon seit 30 Jahren Diabetes-Camps für Kinder, um ihnen ihr Schicksal zu erleichtern: „Die sollen Ferien und Spaß haben. Gleichzeitig aber sehen sie, dass auch andere die Krankheit haben. Und jeden Abend bringen wir ihnen Dinge bei, die sie in ihrer besonderen Lebenssituation brauchen.“ Dazu gehören Informaionen zur richtigen Ernährung, zur Blutzucker-Kontrolle und natürlich auch Know-how über Diabetes. Ob Diabetes-Camp oder anderweitige Aufklärung – Kinder brauchen detailierte Informationen über ihre Krankheit und klare Verhaltensregeln.
Elternbetreuung
Aber auch Eltern brauchen Betreuung. Für viele Eltern ist die Diagnose Diabetes bei ihrem Kind ein Schock. Es folgen Schock, Verzweiflung und Ratlosigkeit. Die Gesundheits- und Klinische Psychologin Dr. Lieselotte Fieber rät zu einer psychologischen Betreuung, weil die Gefahr besteht, dass die Emotionalität auf die Kinder übertragen wird. „Es entstehen Ängste, die weitreichende Folgen haben können – sowohl für die Eltern als auch für die Kinder.“ Einige Ratschläge hat die Psychologin für betroffene Eltern: „Lassen Sie Ihr Kind Eigenverantwortung übernehmen, sehen Sie Ihr Kind als Gesamtheit, vermeiden Sie Ihre eigenen Ohnmachtsgefühle zu zeigen, fördern Sie das Selbstbewusstsein Ihres Kindes, machen Sie das, was Sie auch ohne der Krankheit machen würden und nehmen Sie psychologische Hilfe an.
Laut Fieber ist den Kindern am besten geholfen, wenn Sie möglichst normal aufwachsen und das Kind von einem Expertenteam (Diabetik-Arzt, Diätologe,
Psychologe) betreut wird